The game of
Levels / Terrain 2
Eine interdisziplinäre Kunsterarbeitung aus der Praxis der Zeichnung, der Fotografie, dem Tanz, des Gesangs, der Performance, der inszenierten Identitäten im öffentlichen Raum.
Handlungsort, Spurensuche Faucogney‑e ‑la-mer, Frankreich, Departement la Haute-Saône.
Der Ortskern von Faucogney ist denkmalgeschützt. Die Kleinstadt befindet sich in einem Umbruch. Aus verschiedenen europäischen Ländern sind Menschen daran interessiert, Kunst und Kultur ins Dorf einzubringen. Viele Räumlichkeiten laden gerade dazu ein, dass Historisches wie Aktuelles sich begegnen kann, In den Sommermonaten finden regelmässig kulturelle Veranstaltungen statt. Das Städtchen ist sich neu am erfinden.
Künstler / Akteure
René Schmalz, Gottlieben Thurgau, Gesamtkonzept, Texte, Tanz, Performance, Environment
Gabriella Gombas, Bern/Gottlieben, Gesang, Zeichnung, Text, Fotografie
Mitwirkende
Iris Brodbeck, Nicolas Lienhard, Faucogney, Frankreich, Übersetzungen, Atelier
Jonas Rüedi, Wengi Thurgau, Filmische Dokumentation, Schnitt
Kerstin Schultze, Konstanz Deutschland, Grafik
Zeiträume des künstlerischen Vorgehens
20. April 2020 bis 17. Mai 2020 Erarbeitung eines fotografischen Katalogs der tänzerischen Inszenierungen und Alltäglichkeit vor Ort.
25. / 26. Juli 2020 Aus dem Katalog werden 30 grossformatige Fotos ins Ortsbild präpariert – an Fassaden, Schaufenster, Durchgänge, Plätze. Die dritte und letzte Erzählspur wird gelegt mit Stimmlandschaften vor Ort und einer Videoaufzeichnung dieser Inszenierung.
Materialien
Textilzeichnungen, Texte, Fotos, Latex – Tiermasken, Handpuppen, Klappbett, Kostüme, Gesichtsfarben
Zum Vorgehen der inszenierten Identitäten
Über einen Zeitraum von 4 Wochen bespielen wir mittels tänzerischen Mitteln Faucogney und seine Umgebung. Wir bannen das Ereignis mit der Sprache der Fotografie. Der Ort wird in unerwartete Zusammenhänge geführt, zu einem neuen erzählerischen bildhaften Raum ausgearbeitet. Die Synthese der Protagonisten und des Ortes, das bespielen der Strassen, Fassaden, Schaufenster, mit den kreierten Fotografien, grossformatig ausgelegt.
So wird z.B. das Klappbett präpariert mit Schichten von Textilzeichnungen und in ruhende wie stehende Gewässer platziert. Dies wird zum performativem Handlungsort. Diese Szenen nennen wir «den grossen Schlaf». Die Tiermasken gehen ein mit dem Spannungsfeld der Dramaturgie des Ortes, des Momentes. Eine assoziativ erkennbare Erzähl Struktur des Fotos wird so ausgearbeitet.
Die Arbeit am Eigenen, am Ort – ein fotografisches Anbinden an vorgefundenen Wirklichkeiten.
Die Sprache der Fotografie geht ein ins Plastische, Performative, in den Ort, in das Ereignis, um einen erzählerischen Raum zu schaffen. Fotografische Terrains, sie sind Wunderkammern der Inszenierung, der Geschichte. Spielraum, Falltüren, Zwischenräume- Kunst als Wechselspiel der Mittel.
Alles von unten sehen, alles von oben sehen, im Luftraum, Denkraum, Schweberaum. Die Atmosphäre des Ortes, des Geschehens wird Teil des Bild. Erwartung. Spannung, suggestive Dichte. Dem Ereignis des Bildes ausgesetzt. Ausgebrochen? Negativraum. Himmel erschaffen für die Transitbilder. Imaginär, unverhofft. Zwischen fliegen und fallen. Selbstbestimmt, fremdbestimmt. Entgleitend. Einstellung- Ausstellung. Inszenieren von eigenen Wirklichkeiten ins Ortsbild. Leerräume, die durch das fotografische Spiel besetzt werden. Hinein in eine erzählerische Dichte, die in einem örtlichen Diskurs angelegt wird. Mischräume. Kunst als Untersuchung von eigenen Identitäten. Dimensionen. Perspektiven. Die Erzählung des Bildes gewinnt ein Eigenleben.
Das Bildmedium oder die Magie der Bilde. Die Methode des Blickes. Durch das Inszenieren des Körpers in die Perspektiven der Örtlichkeiten entsteht ein überraschender Umsturz der Situation- eine Kollision von Ort, Handlung und Objekt. Der Moment des Ereignisses wird fotografisch herausgehoben. Das Resultat ist die Wahrnehmung einer Mehrsinnigkeit des Bildes. In dieser Erarbeitung gilt es, der eigenen Imagination auf die Sprünge zu helfen. Dabei das Unvorhergesehene, den Zufall in der bildschaffenden Wechselwirkung von Intuition und den vorgefundenen Strukturen zu nutzen – vieles ist nicht voraus zu sehen. Ein Spiel von Imagination, Zufall und Kalkül. Das fotografische Resultat des “objektiven Zufalls“, einer Mischung aus Suche und Vorgefundenem. Dies ist eine Wechselwirkung der Verhältnisse, Gegensätze wie Ruhe und Bewegung, Stillstand und Aktivierung. Die Fotografie ahmt die Wirklichkeiten des Blickes nach – Eine Verführung von Wahrnehmung, eine Täuschung des SoSeins.
Versuchsfeld Ortsbild Faucogney
Schauplatz: Narritive Fotografie, Linien, Schatten – und Ereignis. Die Verortung der Begriffe. Transitfotos sind stumm und gleichzeitig gesprächig. Unsere narritive Fotografie will eine vielschichtige, fiktionale Geschichte erzählen, die mehr ist als eine Illustration, ein Bildkommentar zu etwas Vorgefundenem. Dieses Tableau von Bildern könnte man als visuelle Prosa bezeichnen, ein doppelt gespiegeltes Ich. Der eigene Körper wird mit den inszenierten Identitäten verknüpft, das eigene, das Fremde, das Imaginative wird in den Handlungsort hineinprojiziert. Die ästhetische Verdichtung, das in Szene setzen, die dramaturgische Konstellation lässt eine Erzählweise zu, des schnellen Sehens und Arbeitens. Der tanzende Körper ist das zentrale Leitmotiv. Er ermöglicht Projektionen im Eigenen und für den Betrachter, bei dem eine eigene Geschichte ausgelöst wird. Seine eigene Erfahrung des Betrachtens stellt sich in einen neuen Bildkontext. Alles ein Bemühen, die Bildsequenzen zum fliessen zu bringen, Quintessenzen bekommen ihren Raum.
Von Tieren und Menschen. Die Herausforderung Tier, eine Erinnerung an das Tier, das Tiersein durch die Kunst.
Esel, Hase, Rabe, Schwein, Eisbär, Kamel, Krokodil, Wolf. Die Ganz-Latex-Tiermasken verbinden, verknüpfen sich, mit dem Tänzer.
Das Motiv des Tieres in der bildenden Kunst ist so alt wie die Kunst selbst. Angesichts Jahrtausende Alter kann festgestellt werden: Im Anfang des Bildhaften war das Tier mit dabei, die Faszination, die es auf Künstler aller Gattungen und Epochen ausgelöst hat, ist bis ins Heute ungebrochen. Unsere Zeit durchlebt einen Wendepunkt des menschlichen Verhältnisses zum Tier, zur Natur. Der Umgang mit dem Tier wird zum Spiegelbild der eigenen Natur.
Beispiele dazu bei: Franz Mark, Marina Abramovic, Joseph Beys, Miriam Cahn, Rosmarie Trockel, Capricho Goya, Fischli/Weiss, Albrecht Dürrer, Louise Bourgeois u. v. a.
Tiere – Türen zum Traum
Seit Urzeiten umgarnt der Mensch die Tiere – nicht nur als Jäger, auch als Geschichten Erzähler. Denn Tiere sind Nahrung des Leibes, vielmehr aber auch noch Nahrung unserer Seele, unserer Fantasie. Der performative Prozess mit den Masken, der die Möglichkeit eröffnet, aus dem menschlichen Bewusstsein in anderes Wesen einzutreten, das eigene «Tier – Werden», erscheint nicht nur durch die Imagination. Dieses „Tier – Werden“ ist nicht das „Tier – Spielen“ oder das „Tier – Imitieren“. Es ist vielmehr ein Prozess, ein Erschaffen einer Wirklichkeit, der die Gelegenheit bietet, über sich anders als in der eigenen Identität zu wirken. Denn das “Tier – Sein“ ermöglicht, für einen Augenblick aus dem Humanen hinaus unser philosophisch, analytisches Gepäck zu vergessen. Es eröffnet sich die Chance, eine Schwelle zu überschreiten und in den Strom einer anderen Intensität zu gelangen. Die Grenze zwischen Mensch und Tier wird überschritten – auch wenn das grosse Rätsel «Tier» gedanklich unlösbar bleibt. In vielen überlieferten Schöpfungsmythen erahnen wir etwas dieser tiefen Zusammenhänge einer wissenschaftlich noch weitgehend ungeklärten Evolution.
Maskierungen im Dienste des Menschen, des Tieres
Das Innere eines Menschen spiegelt sich im Wesentlichen in seinen Gesichtszügen. Mit anderen Zügen, Linien, mit einer Maske, entsteht ein neues Wesen. Eine andere Bestimmung, der Prozess durch nicht gekannte Identifikationen nimmt seinen Verlauf, der bis ins Innerste des Maskenträgers dringt. Die Maske gewinnt ihre eigene Macht, das verwandelte Ich. Der in der Maske schlafende Traum erhält seine Wirklichkeit. Das wahre Gesicht des Menschen verlagert seinen Schwerpunkt, die Transformation gewinnt einen neuen Brennpunkt in der Tiefe des Seins, im Spiel des Augenblicks. Mit dem anlegen der Maske wird das Tier beschworen. Eine unbeschreibliche Kraft, deren Macht nicht aus dem Bereich der eigenen Erfahrung zu erklären ist. Unzählige Umwandlungen werden möglich – vom Tierischen bis hin zum Göttlichen. Die Maske öffnet das Tor zum Reich der Tiere und ihren Träumen. Beispiele dazu: Pablo Picasso, Max Ernst, Paul Klee, Juan Miro, Odilon, James Ensor, René Margritte, Constantin Brancusi, Hugo Ball, Mattias Grünewald, Neon Rauch, Manon u.v.a.
Zukunftsperspektiven
Wir werden die performative Inszenierungen in unserem Unterwegsein an verschiedenen Orten/Städten anbieten, Anfragen z.B. in Kreuzlingen, St. Gallen, Ittingen, Arbon, Trogen, Winterthur u.a.m.